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Reinraumklassen - eine Übersicht und Erklärung

Kontrollierte Umgebungen innerhalb von Produktionsabläufen sind in der Medizintechnik unabdingbar. Um die Reinheit eines Raumes nachzuweisen, werden Partikelmessungen durchgeführt und können so zur Klassifikation einer Reinraumklasse führen. Hier werden die wichtigsten Normen erklärt.

Relevanz von Reinraumklassen

Um zu gewährleisten, dass in dem Reinraum, oder Reinstraum, die Konzentration von luftgetragenen Teilchen bzw. Partikeln so gering wie möglich ist, müssen während des Betriebes Partikelmessungen durchgeführt werden. Diese Messungen ermöglichen es, die Reinheit des Raumes nach einer Norm und Reinraumklasse zu definieren. Die Zuordnung basiert hierbei auf der maximal erlaubten Menge von Partikeln einer bestimmten Größe (0,1 µm bis 5,0 µm) und eines definierten Raumes (1 m3 Luft). Beispielsweise definiert die Klasse ISO 5, dass höchstens 3520 Partikel mit einer maximalen Größe von 0,5 µm pro Kubikmeter vorliegen dürfen. Es wird bei den Messungen darauf geachtet, dass die Werte konstant bleiben, um vergleichbare Bedingungen zu schaffen.

 

Normen für Reinraumklassen

Durch eine Vereinheitlichung der Ansprüche und Forderungen an Standards für Reinräume, sind die ISO-Norm 14644-1 und der GMP (good manufacturing practice)- Leitfaden Annex 1 entstanden.

 

DIN EN ISO 14644-1

Bei ISO-Reinräumen liegt die Konzentration auf luftgetragene Partikeln und die Reinräume werden in 9 Klassen unterteilt, wobei Klasse 1 die Reinste darstellt und somit die geringste Partikelkonzentration pro m³ Luft aufweist (Siehe alle Einteilungen Tabelle). Diese Norm wird meist für Reinräume der Halbleitertechnik verwendet.

Eine weitere nennenswerte Norm ist die VDI-Richtlinie 2083. Sie ergänzt die ISO 14644-1 um praktische Aspekte (wie beispielsweise Regelungen zur Biokontamination und zur Kosten- und Energieeffizienz) und um branchenspezifische Eigenheiten (bspw. Pharmazie, Mikroelektronik). Hierbei stellt die Norm spezifische Anforderungen an die Reinheit des Raumes, die Prozessmedien, Mitarbeiter und den Arbeitsplatz.

 

Reinraumklassen nach ISO 14644-1*

Partikel je m3
Klasse ≥ 0,1 µm ≥ 0,2 µm ≥ 0,3 µm ≥ 0,5 µm ≥ 1,0 µm ≥ 5,0 µm
ISO 1 10          
ISO 2 100 24 10      
ISO 3 1.00 237 102 35    
ISO 4 10'000 2'370 1'020 352 83  
ISO 5 100'000 23'700 10'200 3'520 832  
ISO 6 1'000'000 237'000 102'000 35'200 8'320 293
ISO 7       352'000 83'200 2'930
ISO 8       3'520'000 832'000 29'300
ISO 9       35'200'000 8'320'000 293'000

 

 

EU GMP-Leitfaden

Bei GMP-Reinräumen liegt der Fokus auf mikrobiologischen und luftgetragenen Verunreinigungen. Die Unterteilung erfolgt in den Klassen A,B,C und D, wobei an Klasse A die striktesten Anforderungen gestellt werden. Die Norm findet besonders häufig in der Pharmazie Anwendung, beispielsweise ist der EU-GMP Leitfaden, Annex 1 für die Herstellung steriler Arzneimittel erforderlich (Siehe Tabelle). 

 

Reinraumklassen nach GMP-Leitfaden Annex 1*

Maximal erlaubte Partikelanzahl pro m3
Klasse Ruhezustand ≥ 0,5 µm Ruhezustand ≥ 5 µm Betriebszustand ≥ 0,5 µm Betriebszustand ≥ 5 µm
A 3.520 20 3.520 20
B 3.520 29 352.000 2.90
C 352.00 2.900 3.520.000 29.000
D 3.520.000 29.000 nicht festgelegt nicht festgelegt

 

 

Wissenswertes zum Reinraum Funktionsweise des Reinraumes*

Ein Rein- oder Reinstraum ist ein Raum, in dem die Konzentration luftgetragener Teilchen sehr gering gehalten wird.

Rein- und Reinsträume werden für spezielle Fertigungsverfahren – vor allem in der Halbleiterfertigung – benötigt, wo in gewöhnlicher Umgebungsluft befindliche Partikel die Strukturierung integrierter Schaltkreise im Bereich von Bruchteilen eines Mikrometers stören würden. Weitere Anwendungen von Reinräumen oder Reinraumtechnik finden sich in der Optik- und Lasertechnologie, der Luft- und Raumfahrttechnik, den Biowissenschaften und der medizinischen Forschung und Behandlung, der Forschung und keimfreien Produktion von Lebensmitteln und Arzneimitteln und in der Nanotechnologie.

Ein Reinraum wird so konstruiert, dass die Anzahl luftgetragener Teilchen, die in den Raum eingebracht werden oder dort entstehen, so gering wie möglich ist. Je nach Verwendung wird nur die Partikelanzahl oder auch die Anzahl der Keime überwacht, wie dies beispielsweise bei der Herstellung pharmazeutischer Produkte nötig ist. Andere Parameter wie Temperatur, Luftfeuchtigkeit und Druck werden in der Regel ebenfalls konstant gehalten, um jederzeit vergleichbare Bedingungen zu schaffen.

Um die geforderten Bedingungen herzustellen, werden diverse Verfahren angewendet, um zu verhindern, dass unerwünschte Partikel in die Luft gelangen können und um bereits in der Luft befindliche Partikel wieder zu entfernen.

 

Bedeutung der richtigen Arbeitskleidung

Da in der Regel der Mensch die größte Quelle für Partikel und andere Verschmutzungen ist, helfen eine angepasste Arbeitskleidung, spezielle Arbeitsmittel und Werkzeuge, sowie die entsprechende Arbeitstechnik, die spezifizierte Reinraumklasse einzuhalten. So gibt es beispielsweise spezielles fusselfreies Reinraumpapier, Reinraumkleidung, Kopfhauben und Überzieher für die Schuhe.

 

Einteilung in Bereiche

Für Reinsträume, wie sie in der Mikroelektronik Verwendung finden, gibt es mehrere hierarchische Bereiche mit entsprechender Reinraumklasse. So umgibt den Reinstraum, in dem mit Substraten gearbeitet wird, ein abgetrennter Bereich mit den benötigten Anlagen zur Beschichtung und Strukturierung. Benötigte Pumpen für die Vakuumtechnik befinden sich meist in einem darunterliegenden Stockwerk.

Der Reinstraumzugang erfolgt meist über eine Folge verschiedener Reinraumbereiche mit fallender Reinraumklasse. Zwischen diesen Bereichen erfolgt in der Regel ein Kleidungswechsel. Um Verschmutzungen von Gegenständen, die mit dem Fußboden in Berührung kommen (z. B. Schuhsohlen), zu minimieren, befinden sich an den jeweiligen Zugängen spezielle klebrige Fußmatten. Der Zugang zum Reinstraum selbst erfolgt zusätzlich über Personal- und Materialschleusen, in denen wiederum starke Luftströmungen und Filtersysteme vorhandene Partikel aufwirbeln und absaugen, so dass keine zusätzliche Verunreinigung von außerhalb eingetragen wird.

In einigen Reinräumen wie Operationssälen müssen sich die Mitarbeiter und Besucher vorher einer Reinigung unterziehen oder zumindest Schutzkleidung anlegen.

Materialien, die in Reinräumen eingesetzt werden, müssen über abriebfeste Oberflächen verfügen. Aufgestellte Anlagen und Geräte dürfen die laminare Luftströmung nur minimal stören. Teile und Maschinen, die in den Reinraum gebracht werden sollen, müssen vorher gereinigt werden. Ein Reinraum wird im Regelfall mit Überdruck (Überdruckbelüftung) beaufschlagt. In Sonderfällen werden Reinräume auch mit Unterdruck betrieben, was verhindert, dass z. B. gefährliche Substanzen oder Krankheitserreger nach außen dringen können.

Auch sogenannte Laminar-Flow-Einheiten können bedingt staub- und partikelarme Arbeitsplätze schaffen, in denen ein gereinigter, vertikaler oder horizontaler Luftstrom sowie Vorhänge dafür sorgen, dass die Partikelkonzentrationen in der Luft und damit die Partikelablagerungen auf dem Produkt reduziert werden.

Die verwendeten Verfahren und Anlagenarten der Klimatechnik sollen sicherstellen, dass Verunreinigungen sofort aus der Luft entfernt werden. Dazu wird eine turbulenzarme Verdrängungsströmung (Laminarströmung, engl. laminar flow) genutzt. Zusammen mit einer in der Regel mehrstufigen Filterung und großem Luftdurchsatz soll die Reinheit der Luft sichergestellt werden.

 

Reinraumtauglichkeit*

Reinraumtauglichkeit beschreibt die Eignung einer Anlage, eines Betriebsmittels, eines Werkstoffs etc. für den Einsatz in Räumen, deren Luftreinheit und andere Parameter anhand von technischen Regeln beurteilt wird nach DIN EN ISO 14644-1.

Die Reinraumtauglichkeit ist ein Teilbereich der Reinheitstauglichkeit und beschreibt im Wesentlichen das Partikelemissionsverhalten einer Anlage bzw. eines Betriebsmittels (Prüfling).

Ziel der Reinraumtauglichkeitsuntersuchungen ist es, die Eignung von Anlagen und Betriebsmitteln für den Einsatz in Reinräumen festzustellen. Die Untersuchung muss messtechnisch erfolgen, da das Partikelemissionsverhalten nicht im ausreichenden Maße durch Sichtprüfung oder Ähnliches bestimmt werden kann. Offensichtlich relevante Mängel an Anlagen und Betriebsmitteln, wie zum Beispiel Rost, poröse oder vollkommen ungeeignete Werkstoffe (Holz, etc.), erübrigen eine messtechnische Untersuchung, da diese als ungeeignet anzusehen sind.

Die messtechnische Bestimmung der Reinraumtauglichkeit einer Anlage oder eines Betriebsmittels erfolgt in einem Reinraum, um die Partikelemission eines Prüflings diesem eindeutig zuordnen zu können. Dabei muss der Testreinraum mindestens eine Reinraumklasse besser sein als die angestrebte Eignung des Prüflings, da die messbaren Partikel dem Prüfling sonst nicht zugeordnet werden können. Ausnahme ist hier der Nachweis der Tauglichkeit für Klasse 1 nach DIN EN ISO 14644-1: Dieser kann in Klasse 1 erfolgen, da keine höherwertige Reinraumklasse definiert ist. Die Bauform des Testreinraums muss turbulenzarm (häufig in diesem Zusammenhang als „laminar“ bezeichnet) sein, damit sowohl hohe Luftreinheitsklassen nachgewiesen werden können als auch eine räumliche Zuordnung der Partikelquellen erfolgen kann. Als Messgeräte werden so genannte optische Partikelzähler verwendet, damit sind partikuläre Kontaminationen in Bezug auf deren geometrische Größe, Anzahl, Verteilung und hinsichtlich zeitlicher Verläufe sowie räumlich eindeutig bestimmbar.

Durchführung:

  1. Einschleusen des Prüflings in den Testreinraum
  2. Abreinigung des Prüflings (Vermeidung verschleppter Kontaminationen)
  3. Aufbau der Anlage im Reinraum
  4. Festlegung der Prüfparameter
  5. Einlaufphase (warm-up) über 24 h (Vermeidung von Anfangserscheinungen)
  6. Grob- und Feinlokalisierung der Partikelquellen
  7. Klassifizierungsmessungen
  8. Statistische Auswertung der Ergebnisse
  9. Einordnung der Ergebnisse zur Eignung in diskreten Luftreinheitsklassen (DIN EN ISO 14644-1)

Je nach Größe und Komplexität des Prüflings ergibt sich eine Anzahl von repräsentativen Messpunkten für die Klassifizierungsmessung. Der schlechteste Messpunkt ist das Maß für die Eignung des gesamten Prüflings. Diese „Worst Case“-Betrachtung führt zur Minimierung von Kontaminationsrisiken in der reinen Produktion.

Die Reinraumtauglichkeit von Werkstoffen beschreibt deren Partikelemissionsverhalten. Die Partikelemission von Werkstoffen ist jedoch nur unter Belastung feststellbar, daher haben sich Modellversuche von Werkstoffpaarungen als sinnvoll erwiesen, die zu reproduzierbaren und vergleichbaren Ergebnissen führen. Die Bestimmung des Partikelemissionsverhaltens muss unter den Bedingungen wie für Anlagen und Betriebsmittel erfolgen, als Messtechnik werden ebenfalls optische Partikelzähler eingesetzt.

 

Quelle:

*Seite „Reinraum“. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 26. Juni 2018, 08:42 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Reinraum&oldid=178641593 (Abgerufen: 23. Juli 2018, 12:02 UTC) 

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